Artenhilfsprogramm für zehn gefährdete Pflanzenarten in Ostsachsen

Laufzeit: 30.04.2018 – 31.12.2024

AF-ldent.-Nr.: 052018014901NEE
In Zusammenarbeit mit dem Umweltzentrum Dresden, der Lutz Zwiebel Landwirtschaft Vermehrung von Wildpflanzensaatgut, Wolfgang Hoffmann und Henning Haase


Die heimische Fauna und Flora ist seit einigen Jahrzehnten Einflüssen unterworfen, die u.a. zu einem kontinuierlichen Rückgang vieler Artvorkommen bzw. dem kompletten Verlust von Arten beitragen. Das Land Sachsen, die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union verpflichten sich in verschiedenen Programmen, Verordnungen und Richtlinien dem Erhalt der biologischen Vielfalt. Trotz der Bemühungen ist der erwähnte negative Trend insbesondere in landwirtschaftlich geprägten Lebensräumen ungebrochen. Einen detaillierten Einblick in die Situation ausgewählter Pflanzen gibt die Broschüre „Farn- und Samenpflanzen – Bestandssituation und Schutz ausgewählter Arten in Sachsen“ herausgegeben durch das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie.
Die sinnvollste Schutzmaßnahme für Arten allgemein und gefährdete Spezies im Speziellen ist in erster Linie der Erhalt ihrer Lebensräume. Viele heimische Arten konnten in den von Menschen geschaffenen Biotopen wie Wiesen, Äckern, Säumen, Borstgrasrasen usw. eine Heimat finden. Einige dieser Biotope gelten auf kleinräumiger Ebene gar als die artenreichsten Lebensräume der Erde. Nach der großräumigen Zerstörung der primären Lebensräume sind viele Arten nun auf den Erhalt dieser Sekundärlebensräume und ihrer typischen Strukturen durch regelmäßige Pflege angewiesen. Die naturschutzgerechte Bewirtschaftung wird durch das Land Sachsen gefördert, wobei anzumerken ist, dass eine Mindestpflege sicher nicht ausreichen wird, um den Erhaltungszustand der Lebensräume mittelfristig zu verbessern und den Biodiversitätsverlust aufzuhalten.
Insbesondere bei kritischen Bestandssituationen von Arten, hervorgerufen durch Lebensraumverlust und -fragmentierung, führt auch eine maßgeschneiderte Flächenbewirtschaftung sehr wahrscheinlich nicht dazu, die sächsischen Populationen seltener Arten langfristig zu sichern. Viele Arten besitzen nur noch sehr wenige Vorkommen mit geringen Populationsgrößen, die zudem weit voneinander entfernt und nicht miteinander vernetzt sind, so dass ein genetischer Austausch unterbunden und die kritische Populationsgröße zum Erhalt der Art unterschritten wird. Neben der langfristigen Sicherung des Lebensraumes ist somit oft auch eine erneute Etablierung von Vorkommen in ausreichender Größe vonnöten, will man diese Spezies auch in einigen Jahren noch zur heimischen Flora zählen. Aus diesen Gründen sind Ex-situ-Kultivierungen und bestandsstützende Maßnahmen wie sie in diesem Vorhaben oder den Vorgängerprojekten „Vermehrung und Wiederansiedlung gefährdeter Pflanzenarten in der Oberlausitz“ und „Artenhilfsprogramm für vier gefährdete Pflanzenarten in Ostsachsen“ durchgeführt werden/wurden sinnvoll und notwendig, um die Artenvielfalt der Kulturlandschaft langfristig zu erhalten.

Ziel des Projektes „Artenhilfsprogramm für zehn gefährdete Pflanzenarten in Ostsachsen“ (AF-Nr.: 052018014901NEE) ist die langfristige Etablierung stabiler Populationen der im Folgenden genannten Gefäßpflanzenarten zur nachhaltigen Sicherung deren Vorkommen. Das Vorhaben gliedert sich in zwei Teile.
Aufbauend auf das Vorgängerprojekt „Artenhilfsprogramm für vier gefährdete Pflanzenarten in Ostsachsen“ (AF-Nr.: 0520150200501NEE) erfolgt in Teil 1 die weitere In-vitro-Vermehrung und Ex-situ-Kultur sowie die Auspflanzung der erhaltenen Jungpflanzen der Orchideenarten Stattliches Knabenkraut (Orchis mascula) und Fuchs´ Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii). In Teil 2 werden für acht, einst in Ostsachsen verbreitete und aktuell gefährdete Gefäßpflanzenarten mit starkem Rückgang in den letzten Jahren und Jahrzehnten Sicherungs- und Wiederansiedlungsmaßnahmen umgesetzt. Bei den bearbeiteten Arten handelt es sich um Lämmersalat (Arnoseris minima), Sand-Tragant (Astragalus minima), Buschnelke (Dianthus sylvaticus), Preußisches Laserkraut (Laserpitium prutenicum), Färberscharte (Serratula tinctoria), Rauhe Nelke (Dianthus armeria), Acker-Quellkraut (Montia arvensis) und Acker-Zahntrost (Odontites vernus). Bei den fünf erstgenannten Arten in Teil 2 sollen, aufbauend auf autochtones Saatgut, Erhaltungskulturen begründet werden. Daraus hervorgehendes Saat- bzw. Pflanzgut soll auf geeigneten Flächen ausgebracht werden. Bei den drei letztgenannten Arten ist die Direktaussaat des autochtonen Saatgutes geplant.

Die Saatgutgewinnung erfolgt nach den Richtlinien der „ENSCONET Anleitung zum Sammeln von Wildpflanzensamen“. Sowohl das Besammeln der Spendervorkommen als auch das Ausbringen der Samen bzw. Jungpflanzen im Gelände geschieht in enger Abstimmung mit der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde. Potentielle Ausbringungsflächen werden nach Gesichtspunkten des aktuellen Erhaltungszustandes und der Eignung der Flächen zur langfristigen Etablierung der Arten beurteilt. Unterstützend werden Bodenproben genommen und analysiert. Für die Ausbringung wird die Zustimmung sowohl der Eigentümer als auch der Flächennutzer eingeholt, um die langfristige Aufrechterhaltung der Bestände zu gewährleisten. Eine flächenspezifische, zielartenkonforme und ökosystemar ausgerichtete Pflege ist notwendig, um eine tatsächliche Etablierung möglich zu machen. Diese wird gemeinsam mit den Bewirtschaftern der Ausbringungsflächen und wiederum in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt. Die während des Projektes erhobenen Daten über die Zielarten (Populationsgrößen der Spendervorkommen, Daten zu ausgebrachten Beständen und deren Entwicklung) werden in die Datenbank „Multibase CS“ überführt und somit den sächsischen Behörden zugänglich gemacht. Die Ergebnisse werden am Ende der Projektlaufzeit in einem Sachbericht zusammengefasst und können u.a. als Grundlage für nachfolgende Projekte dienen.

Foto 1: Lämmersalat (Arnoseris minima)  A. E. Wünsche, Foto 2: Preußisches Laserkraut (Laserpitium prutenicum) K. Sbrzesny