Positionspapier der Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz e. V. zur Entwicklung der Bergbaufolgelandschaft am Berzdorfer See

Die Naturforschende Gesellschaft der Oberlausitz e. V. vertritt die Auffassung vieler engagierter, naturwissenschaftlich gebildeter und selbstlos tätiger Bürger der Oberlausitz. Diese Bürger haben sich durch umfangreiches ehrenamtliches Engagement zur Erforschung und Erhaltung der Natur Kompetenz erworben, weshalb sie zu wichtigen Fragen der Entwicklung des Naturraumes der Oberlausitz angehört werden sollten.
Die Neugestaltung der Landschaften, die von Tagebauen zerstört wurden, muss im langfristigen Interesse der Menschen zur Heilung der Schäden aus der Bergbauzeit führen und zur Gesundung des Verhältnisses der Menschen zu ihrer Umwelt beitragen.
Die Gesellschaft hatte sich unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfram Dunger bereits zu Beginn der 1990er Jahre intensiv bei der Erstellung des Sanierungsrahmenplanes für den Tagebau Berzdorf eingebracht und wollte gemeinsam mit anderen Vereinen, Privatpersonen und den Kommunen einen Zweckverband für die Entwicklung der Bergbaufolgelandschaft gründen. Zu unserem großen Bedauern scheiterte damals diese Gründung am mangelnden Interesse der Kommunen und besonders der Stadt Görlitz. Eine bürgerschaftliche Mitwirkung war aber im Rahmen des Planungsverbandes „Berzdorfer See“, der etwas später von Kommunen und Kreis gegründet wurde, weitgehend ausgeschlossen.
Die Mitglieder der Naturforschenden Gesellschaft haben in den vergangenen Jahren die Entwicklung am See intensiv verfolgt. Gemeinsam mit dem Görlitzer Naturkundemuseum und anderen Partnern wurden die Veränderungen naturwissenschaftlich erforscht und fachlich begleitet. Von 1999 bis 2002 war die Gesellschaft mit dem Naturkundemuseum und der LMBV direkt an der naturschutzfachlichen Planung der Bergbaufolgelandschaft beteiligt.
Aktuell, nach Flutungsende, gibt es drei Tendenzen, die bei fehlender Steuerung und planerischen Visionen zu einer negativen Entwicklung führen. Die Erste entsteht aus der Natur selbst. Durch zunehmende Verbuschung wächst das verbliebene Offenland mit steigendem Tempo zu. Es entstehen Gestrüpplandschaften, die weder für die Menschen noch für die naturräumliche Entwicklung und das derzeit vorhandene außergewöhnliche Artenspektrum attraktiv sind.
Zum Zweiten beginnt sich die Bevölkerung der gesamten Großregion, den Raum anzueignen. Das ist grundsätzlich erfreulich, muss aber einer Steuerung unterliegen, damit der neu entstehende Naturraum nicht zersiedelt und partiell zerstört wird. Nur dann ist auch langfristig eine nachhaltige touristische Nutzung möglich.
Die dritte Gefährdung entsteht durch Aktivitäten der Kommunen und des Landkreises, die beim Versuch bisher Versäumtes nachzuholen, in Gefahr geraten, die harmonische Gesamtentwicklung und langfristige Interessen der Bürgerschaft außer Acht zu lassen oder den Einzelinteressen von Investoren unterzuordnen.

1. Grundlegende Einteilung des Raumes für Natur- und Erholungsnutzung; Offenhaltung der Landschaft

Nach Auskohlung und Flutung des Tagebaus Berzdorf ist eine Landschaft zu gestalten, die eine ausgewogene Mischung von Landschaftsteilen zulässt. So sollte einerseits ein vollständiger Schutz der Natur zugelassen werden und damit Rückzugsgebiete ermöglicht werden, in denen sich natürliche Prozesse frei entfalten können; und andererseits Landschaftsteile mit einer wohldurchdachten Mischung aus Aktivangeboten und Ruhezonen für naturverträgliche Erholungsnutzung oder auch landwirtschaftlichen Nutzungen entstehen.
Für die Naturforschende Gesellschaft der Oberlausitz stellt sich dies so dar, dass der (z. T. bereits bewohnte) Bereich im Norden, Osten und Süden dem Tourismus, Sport und Wohnen am See dienen, dagegen die Natur am Westufer unbedingt Vorrang geniessen sollte und durch entgegenstehende Nutzungen nicht beeinträchtigt wird. Dieser Bereich muss zum Erholungsraum für Bürger und Lernraum für das Studium der Natur werden und dem Artenschutz dienen. Dies steht in Übereinstimmung mit den ursprünglichen Planungen im Sanierungsrahmenplan zum Tagebau Berzdorf. In diesem Plan wurden aus gutem Grund das Nord-, Ost,- und Südufer sowie die „Blaue Lagune“ als Vorranggebiete für die Erholungsnutzung festgelegt. Für den Westen und Nordwesten war Vorrang für den Naturschutz sowie Land- und Forstwirtschaft festgelegt worden. Ein wichtiges Entwicklungsziel in diesen Bereichen ist die Offenhaltung der Landschaft. Hier kommen Vogelarten des Offenlandes vor, deren Erhaltung durch die Europäische Vogelschutzrichtlinie gesetzlich vorgeschrieben ist.
Die Entwicklung von bewaldeten Zonen ist im Bereich der Halden bereits weit vorangetrieben worden. Hier muss weiterentwickelt werden in Richtung der potenziellen natürlichen Vegetation. Ein ausreichend großer Anteil an Offenflächen und lichten Waldanteilen und parkartigen Gestaltungen ist auch hier unbedingt einzuhalten, um dem Erholungscharakter und dem Naturschutz Rechnung zu tragen. Zur Offenhaltung der Landschaft ist eine gemeinsame Strategie des Naturschutzes sowie der Tourismus- und Erholungswirtschaft möglich. Diese kann erreicht werden durch:

  • Tierhaltung zum Offenhalten der Landschaft (Beispiel Naturschutzgroßprojekt Lausitzer Seenland, Fa. „Terra Nova“). Ein idealer Betreiber wäre hierfür der Görlitzer Naturschutztierpark.
  • Erhaltung der öffentlichen Zugänglichkeit großer Teile der Landschaft zur schonenden Erholungsnutzung.
  • Entwicklung eines Wandergebietes mit weiteren sanften sportlichen Aktivitäten wie Radtourismus u. ä..
  • Entwicklung von Hanggärten für Obst und Weinbau, Kräutergärten u. ä..

Schnelle sportliche Aktivitäten (Radfahren, Skaten, Rollerblades usw.) dürfen die anderen Aktivitäten nicht beeinträchtigen und gefährden.

2. Entwicklung der Wegesituation

Bereits im Sanierungsrahmenplan von 1995 gab es einen genehmigten, durchgehend asphaltierten Weg. Dieser Weg führt vom unteren Rundweg zur Buschbachwasserhaltung und dann wieder über den ausgebauten Bereich bis zum Aussichtspunkt und von hier zur Blauen Lagune. Dieser Weg ist bis heute nur in Teilen baulich realisiert worden, was für die Nutzer sehr problematisch ist. Eine dauerhafte Nutzung des Weges zwischen Rutschung „P“ und See wurde aus Gründen der Bergbausicherheit bereits zu Beginn der 1990er Jahre ausgeschlossen.
Die Nutzer werden heute praktisch dazu gezwungen, zur Umrundung des Sees den nicht ausgebauten und bergmännisch unsicheren Weg durch die Rutschung zu nutzen, was sie trotz aller Absperrungen und Verbote auch tun. Hier ist es schnellstens erforderlich, den Verbindungsweg vom unteren Rundweg bis zur Kirschallee auszubauen. Ebenso ist die Anbindung im Süden zur Blauen Lagune fertigzustellen. Damit gäbe es erstmalig einen sicheren und vollständigen Weg für Radler und Skater, um den See zu umrunden.
Ein Schließen des unteren Rundweges (mit durchgängig asphaltierter Oberfläche) durch die Rutschung und das Naturschutzgebiet lehnen wir ab, und zwar aus folgenden Gründen:

  1. Aufgrund der Bewegung in der Rutschung müsste dieser Weg jährlich nachgebessert werden. Wegen der Bodenbewegungen und Erosion kommt es immer wieder zu Beschädigung, Zerstörung und Gefährdung des Weges. Das ist Verschwendung öffentlicher Mittel und stellt ein dauerhaftes Gefahrenpotenzial dar.
  2. Das eingerichtete Naturschutzgebiet wird durch einen asphaltierten Weg mit intensiver sportlicher und touristischer Nutzung nachhaltig beeinträchtigt und in seiner Zielsetzung entwertet.

Da für die Ableitung des Jauernicker Wassers und der Becken 4 und 5 noch ein offenes Gerinne zu bauen ist, für dessen Instandhaltung auch ein begleitender Weg aus baulichen Gründen zwingend ist, schlägt die Gesellschaft vor, diese Ableitung entlang der südlichen/südwestlichen Grenze des NSG zu bauen und den begleitenden Weg für die generelle Nutzung mit Asphalt auszubauen. Keinesfalls darf ein asphaltierter Weg durch das NSG entstehen. Damit würde im Sinne der Nutzer eine deutliche Verkürzung der Umgehung und eine Verringerung der Höhendifferenzen erreicht. Wir gehen davon aus, dass dieser neue Weg den unteren Rundweg durch das NSG entlastet. Insbesondere Radler und Skater werden dann den neuen ausgebauten Weg nutzen.
Weitere asphaltierte Wege auf der West- und Nordwestseite des Sees stören die Nutzung für naturschonenden Tourismus und ziehen ungewollten Verkehr an. Auch Wanderer müssen Wege vorfinden, die nicht durch sportlichen Radler und Skater belegt sind, um das Konfliktpotenzial der Nutzergruppen in Grenzen zu halten.
Jegliche Form von Motorsport muss von der Nordwestböschung ferngehalten werden.

3. Entwicklung der Wasserfläche/Vogelschutz

Zum Ende der Flutung hat sich der See zu einem international bedeutenden Rastgewässer von wildlebenden Vögeln im Sinne der Richtlinien von Birdlife International entwickelt.
Der See erfüllt die Kriterien für ein Vogelschutzgebiet (Important Bird Area, IBA) und sollte entsprechenden Schutz erfahren. In den Wintermonaten rasten regelmäßig bis zu 25.000 Wasservögel am Berzdorfer See. Um den notwendigen Schutz der Wasservögel zu garantieren und das Naturerlebnis zu sichern, sollte die Seefläche jährlich vom 1. Oktober bis zum 30. April für sportliche und touristische Aktivitäten gesperrt sein. Dies beinhaltet auch niedrig fliegende Flugzeuge und andere Fluggeräte. In der übrigen Zeit des Jahres sind die Ruhezonen eindeutig abzugrenzen und abzusperren. Eine sinnvolle Trennlinie reicht vom Ende der Blauen Lagune bis zum Anleger „Fernblick“ im Norden. Eine Einfahrtschneise für ein Motorschiff zum Anleger „Weingarten“ stellt aus unserer Sicht kein Problem dar.
Um den Nutzern des Sees weitere Gelegenheiten zum Naturerlebnis zu geben, sollten kleinere Ruhezonen auch in anderen Bereichen des Sees eingerichtet werden. Besonders der Bereich der Südostbucht (nördlich des Hafens) bietet sich dafür an und sollte entsprechend entwickelt werden.
Eine Nutzung der Seefläche durch Motorboote sollte außer für technische Zwecke und für die Sicherheit der Besucher grundsätzlich nicht gestattet werden.


Der Vorstand der Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz
Görlitz, im September 2013